Effizientes Fliegen

  • Ist ja kein Ding, Du fängst ja erst an, woher sollst Du das dann alles wissen? Da Du den mechjeb sowieso benutzt kannst Du die Werte gleich beim Zusammenbau im Auge behalten, das hilft Dir. Mit der Zeit sammelst Du dan genug Erfahrung um das gut einschätzen zu können. Am Anfang ist es wirklich nicht einfach, besonders wenn man mit echter Raumfahrt noch nie was am Hut hatte.

  • Ich schreib mal einfach ein paar Faustregeln zusammen die Du im Auge behalten kannst wenn Du die Rakete entwirfst.


    Die obersten Faustregeln sind:
    Gewicht sparen wo es nur geht!
    Wegwerfen ist gut! Raketen sind Müllschleudern.


    Bei der Startsequenz:
    Ein voller Tank ist ein schlechter Tank - versuch ihn möglichst schnell leer zu kriegen.
    Ein leerer Tank ist ein schlechter Tank - versuch ihn möglichst schnell los zu werden.


    Im Orbit:
    Ein voller Tank ist ein guter Tank - versuch ihn möglichst lange voll zu halten
    Ein leerer Tank ist ein schlechter Tank - versuch ihn möglichst schnell los zu werden.


    Für die Startsequenz - der wichtigste Wert ist hier der TWR:
    sollte zwischen 1.8-2.5 liegen. Je höher um so besser da die Beschleunigung dann wesentlich höher ist denn je schneller man der Schwerkraft entkommt um so besser. Über 2.5 für den Start wird's aber auch schon wieder zu hoch. Die Rakete entwickelt dann bei maximaler Leistung so viel Schub, daß die unteren Schichten der Atmosphäre zum Problem werden. Der dynamische Druck wird dann so hoch, daß auch wieder sinnlos Treibstoff verbrannt wird der nicht in Geschwindigkeit umgesetzt werden kann. Sobald man die unteren Schichten der Atmosphäre verlassen hat kann der TWR ruhig richtig hoch sein


    Ausserdem für die Startsequenz im Auge behalten, nicht mehr als 2-2.5 große Tanks pro großem Triebwerk. Bei guten TWR Werten müssen alle Stufen der Startsequenz zusammengerechnet einen Delta V von ca 4500 haben um ein stabiles Orbit zu erreichen. Je schlechter die TWR Werte um so mehr Delta V wird während der Startsequenz benötigt. 4500 sind so ziemlich das Optimum.


    Zu Feststoffboostern lässt sich sagen, daß sie aus einer guten Startkonstruktion eine sehr gute Startkonstruktion machen können. Aber aus einer schlechten Startkonstruktion keine gute. Die Faustregel heisst hier also, die Startkonstruktion muss im Grunde fast völlig ohne Feststoffbooster auskommen können und mit Feststoffboostern kann man ihr den letzten Kick geben. Aber den Hintern retten können sie Dir nicht. Ausserdem eigenen sie sich wenn man eine gute Konstruktion hat, die aber plötzlich umkonstruiert werden muss und ein wenig mehr Gewicht mitnehmen soll. Dann klatscht man zum Ausgleich eben die Booster dran und muss nicht gleich alles umbauen.


    Hat man ein stabiles Orbit werden die TWR Werte völlig unwichtig. Die beeinflussen dann nur noch die Brenndauer, aber im Vakuum ist es egal ob man 10 oder 100 Sekunden zünden muss um sein Ziel zu erreichen. Für die Stufen die nur im Vakuum genutzt werden sind völlig andere Werte wichtig. Das wären der maximale Delta V der Stufe, der muss genügen um alle für die Mission nötigen Zündungen ausführen zu können. Diese Werte bekommt man entweder durch viel lesen, fragen oder Erfahrung zusammen. Ein weiterer wichtiger Wert im Vakuum ist der ISP des Triebwerks. Die stehen bei jedem Triebwerk in der Beschreibung dabei. Der ISP Wert drückt aus wie effizient das Triebwerk im Spritverbrauch ist. Je höher der Wert hier um so besser. Große Triebwerke wie das Rockomax Mainsail sind super für die Startsequenz weil sie viel Kraft entwickeln mit der man schnell der Schwerkraft entkommen und Tempo aufnehmen kann, aber sie sind sehr ineffizient im Spritverbrauch und deswegen im Vakuum nutzlose Spritschleudern und zudem sehr schwer.


    Der TWR wird nochmal wichtig wenn man irgendwo landen und wieder starten will, weil die Gravitation am Ziel dann wieder eine Rolle spielt. Er muss hoch genug sein um die Gravitation des Ziels überwinden zu können. Hier muss man dann aber umrechnen. Der Mechjeb gibt beim Zusammenbau nur die TWR Werte im Bezug auf Kerbingravitation bei vollem Tank aus. Da der Mun nur etwa ein sechstel der Kerbingravitation hat, muss der TWR auf Kerbin etwa 0.16 sein, sonst crasht man bei der Munlandung. Da während der Landung aber Sprit verbrannt wird und alles wieder etwas leichter wird, funktioniert es auch noch mit einem TWR der leicht darunter liegt. Hat die Landestufe aber beim Zusammenbau einen TWR von unter 0.1 ist der Crash auf der Munoberfläche sicher.


    Wenn Du Dich beim Zusammenbau bereits an diesen Werten orientierst, wirst Du schon in der Montagehalle mit ein bisschen rumprobieren schnell ausgefeilte Konstruktionen zusammenbekommen. Dann noch ein bisschen Flugerfahrung und Du bist'n Profi :)

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  • Ich bin nur noch bergeistert. Mit so viel Unterstützung hätte ich niemals gerechnet. Einzigartig. DANKE!!! (Auch von meinem Kollegen. Wir lesen und diskutieren deine Anleitungen hier mehr als angeregt.) :thumbsup:
    Der Text sollte evtl. mal unter Tutorials abgelegt werden. Ich glaube eine Menge von neuen Kerbonauten wären sehr dankbar, wenn sie diesen Artikel zu lesen bekommen.

  • Also, ich kann da ja nur für meinen Kollegen und mich sprechen, aber wir sind der Meinung, daß wäre für (fast) alle Einsteiger eine unglaublich große Hilfe. Youtube-Tutorials in allen Ehren, aber eine kleine Lektüre mit theoretischen Werten (TWR, Delta V, Liftoff-Speeds und was es noch so gibt) wäre eine große Unterstützung. Deine zwei "Artikel" haben uns auf jeden Fall ein ganz großes Stück weiter gebracht. Theortisch jedenfalls. Praktisch muß sich das am Wochenende noch zeigen. ;) ...wir sind aber guter Dinge.

  • Naja, gibt schon noch 1000 mehr Dinge zu lernen. Was ist Prograde, Retrograde, Inclination, wie fliegt man ein Swing by, wie fliegt man dann letzten Endes effizient usw.


    Als blutiger Laie mit überhaupt keinerm Wissen geht man ja im Grunde mit der Vorstellung ran, hey, ich zimmer mir ein Triebwerk unter viel Sprit, visier das Ziel an und flieg dort hin. So Star Wars mäßig. Nur gibt es bei Star Wars keine Physik, es sei denn sie wird für die Dramaturgie gebraucht. :D


    Ich hab eh schon länger vor eine ausführliche Anleitung zu schreiben, ich werd das wohl mal angehen.


    Zitat

    Theortisch jedenfalls. Praktisch muß sich das am Wochenende noch zeigen. ;) ...wir sind aber guter Dinge.


    Genau das empfinde ich als größten Spaß an der Sache. Theoretisch verstehen und dann mit ganz eigenen Entwürfen praktisch umsetzen.


    Und keine Sorge wenns mal kracht, mir fliegt auch regelmässig ein neuer Entwurf um die Ohren :D Das gehört einfach dazu.

  • Ich würde es auch super finden wenn du diesen Artikel schreibst! Schon eine Begriffs erklährung währe sehr hilfreich. Gerade Anfänger (wie ich es auch bin :P ) verstehen oft nur Bahnhof bei Begriffen wie Delta-V, TWR, Prograde, Apoapsis,...


    Jedenfalls geht (ging) es mir so. Vieles habe ich erst durch Stundenlanges lesen und Videos schauen gelernt. Und ich wusste bis eben nicht was Delta-V ist und das es SO wichtig ist. Ich bin mit genau der einstellung rangegangen -> Einfach was zusammen schustern und von A nach B fliegen. Wenn ich die Komplexität sehe wundert es mich das ich es geschafft habe nach Mun zu fliegen und da zu landen :D


    Gruß
    dragnod0

  • hiho, also an alle die fuel probleme haben, denen kann ich nur dieses video ans herz legen http://www.youtube.com/watch?v=dJ2yqga7IrI und das ihr euch mechjeb holt, das spart tierisch fuel, wenn es richtig eingestellt ist und tierisch viel zeit, da man dort alles richtig schön einstellen kann ( hier könnt ihr mechjeb laden http://kerbalspaceport.com/mechjeb/ )


    jetzt hätte ich noch eine frage, hat man die möglochkeit irgendwie seine spacestation zu verstärken, natürlich meine ich nicht über docking oder so sondern mehr ob ich einen steelbeam ranpacken kann ? ^^

  • Darf ich mich loben wenn ich sage das ich ohne jegliches Wissen über Delta-V Effizienz der Triebwerke usw. es geschafft habe erfolgreich einen Duna Rover abzusetzen?


    Ich glaube ich hab in den letzen 15min in denn ich deine Beiträge gelesen habe Schnatta mehr gelernt als in den ganzen Video Tutorials :D


    Bei Scott Manley denk ich immer "Wie funktioniert das? MAGIC!" :D


    Vielen Dank dafür!


    Grüsse
    Dany

  • Kann man die Werte auch ohne Mechjeb irgendwie rauskriegen? Und ich hätte auch sonst mal ne Frage zur Effizienz. Wen ich jetzt im stabilen Orbit um Kerbin bin, und Geschwindigkeit aufnehmen will um die gewünschte Reisereichweite zu erziehlen, macht es da einen Unterschied von der Effizienz her, wie viel Schub man gibt? Also, komme ich weiter, wenn ich weniger stark, aber dafür länger brenne? Oder haben die Triebwerke immer den gleichen Wirkungsgrad?

  • Die Werte kannst du natürlich auch selber rechnen. Das geht für die erste Stufe sogar recht einfach, da in der Orbitalkarte das Gesamtgewicht der Rakete angegeben wird.
    Zum Schub: der ändert am Wirkungsgrad nichts, es bringt also nichts im vakuum nicht Vollgas zu geben