Ein Tundra-Orbit ist eine spezielle Form eines Orbits, der für Kommunikationssatelliten angewandt wird, um die Abdeckung in hohen Breitengraden zu sichern.
Er ist eng verwandt mit dem sog. Molnija-Orbit, der nach russischen Satelliten benannt wurde die diesen nutzten und sehr ähnliche Eigenschaften aufweist. Das Grundprinzip beider Orbits ist identisch.
1 Problemstellung
Während man Regionen in niedrigen Breitengraden (also Äquatornah) gut mittels geostationärer Satelliten abdecken kann, die für den Beobachter am Himmel stehen bleiben, ist es schwierig Regionen nahe der Pole abzudecken. In diesen Regionen steht der geostationäre Satellit nur knapp über dem Horizont. An den Polen ist er auf einer Linie mit, oder sogar unter dem Horizont und deshalb nicht sichtbar.
Eine Lösung des Problems ist es, Satelliten in Polaren Orbits zu stationieren. Problem hierbei ist aber, dass diese Satelliten nicht am Himmel stehen sondern ihn nur überfliegen. Da man einen hohen Orbit gewählt hat ist das Verhältnis zwischen Up- und Downtime der Verbindung sehr schlecht, sodass man sehr viele Satelliten einsetzen muss. Ein weiteres Problem bei dieser Lösung ist die sich drehende Erde. Ein beliebiger Ort unterquert nur zweimal pro Tag die Bahn des Satelliten, um trotzdem möglichst viele Orte mit einem Satelliten zu versorgen wählt man einen sehr hohen Orbit, sodass der Satellit von vielen Stellen aus gesehen werden kann. Problematisch hierbei ist jedoch dass der Satellit dann zwar auch länger und für mehr Leute am Himmel zu sehen ist (bessere Uptime und Versorgung) aber auch eben länger wieder verschwunden ist und nicht zur Verfügung steht (wesentlich größere Downtime).
2 Lösung
Die Lösung ist der sogenannte Tundra-Orbit. Wenn wir annehmen, dass wir nur die Region rund um den Nordpol versorgen möchten, ist es sinnvoll, eine hohe Apoapsis über diesen Breitengraden zu positionieren und die Periapsis auf der gegenüberliegenden Seite möglichst stark zu senken. Der Satellit ist also sehr lange in nördlichen Breiten unterwegs, beschleunigt auf dem Weg nach unten sehr stark und verweilt nur kurz über den südlichen Breiten außerhalb der Sichtweite der nördlichen Regionen. Wir erhalten eine hohe Uptime mit großer Sichtweite bei einer kleinen Downtime.
Ein einfaches Beispiel ist der Orbit aus dem oben gezeigtem Bild. Bei einem Ap-Pe Verhältnis von 2.600km zu 230km steht der Satellit etwa 2,5h zur Verfügung und ist dann 20min verschwunden bevor er wieder auftaucht.
Bei entsprechender Platzierung und Anpassung der Orbitalen Periode auf die Umdrehungszeit des Planeten (sodass der Satellit immer zur selben Tageszeit über dem selben Ort seine Ap erreicht), können bereits sehr wenige solche Satelliten imstande sein die polnahen Regionen zu versorgen.
3 Reale Raumfahrt
In der realen Raumfahrt stand die UdSSR vor der oben genannten Problemstellung. Man wollte sein eigenes Land durch Satelliten abdecken (z.B. für GPS, Kommunikation, ect), aber durch die hohen Breitengrade standen geostationäre Satelliten hierfür nicht zur Verfügung. Da die UdSSR nur ihre eigenen Regionen abdecken wollte, war der Tundra-Orbit die ideale Lösung für dieses Problem. Bereits 4 Satelliten reichen um das Gebiet vollständig und zu jeder Zeit abzudecken.
Durch den Einsatz für die Tundra- und Taigaregionen bekam dieser spezielle Orbit auch seinen Namen.